Methodik und Annahmen der kleinräumigen Bevölkerungsprognosen
I. Einleitung
Die im Rahmen von WEBWiKo bereitgestellte Bevölkerungsprognose hat es sich zum Ziel gemacht, demographische Entwicklungsprozesse möglichst kleinräumig abzubilden und fortzuschreiben. Prognose-Ergebnisse werden sowohl auf der niedrigsten verfügbaren administrativen Ebene als auch auf Rasterebene berechnet und ausgewiesen. Neben der Bevölkerungsvorausberechnung für einzelne Kommunen lassen sich hierbei auch mehrere Kommunen zu einem Untersuchungsraum zusammenfassen und so eine koordinierte Vorausberechnung für diese Region erstellen. Bei der Fortschreibung wird nach drei Prognose-Szenarien (mittlere/obere/untere Variante) unterschieden, um das Spektrum der möglichen Entwicklungstendenzen abzubilden.
II. Datengrundlage
Die Basis für die Bevölkerungsprognose bilden die Bestands- und Bewegungsdaten aus den Einwohnermeldeämtern der Kommunen zum 31.12. der Einzeljahre, welche den Basiszeitraum bilden. Es werden nur Personen mit Hauptwohnsitz in den jeweiligen Kommunen berücksichtigt. Für die Ableitung von Annahmen wird ein Stützzeitraum von bis zu zehn Jahren zu Grunde gelegt. Die in den Registerdaten vorliegenden Adressdaten werden im Vorfeld georeferenziert und auf diese Weise sowohl kleinräumigen administrativen Gebieten als auch Rasterzellen auf Basis des INSPIRE-Grids zugeordnet. Bevölkerungsbewegungen in 2015 und 2016 bleiben aufgrund der Verzerrungen durch die Flüchtlingsmigration bei den Wanderungsbewegungen unberücksichtigt.
III. Methodik
Die Vorausberechnung erfolgt über die jahresweise Anwendung der Kohorten-Komponenten-Methode. Die Bevölkerung wird nach Geschlecht, Altersjahren und Staatsangehörigkeit (Deutsch/Nicht-Deutsch) unterschieden, wobei 100 Altersjahre abgebildet werden.
Die Außenzuzüge werden anhand der durchschnittlichen Außenzuzugsraten aus dem Stützzeitraum auf die kleinräumigen Gebiete disaggregiert. Die Binnenzuzüge innerhalb einer Kommune ergeben sich stets aus den entsprechenden Binnenfortzügen. Die Binnenzuzüge, die sich durch die Anwendung der Binnenfortzugsraten ergeben, werden analog zu den Außenzuzügen anhand der durchschnittlichen Binnenzuzugsraten auf die kleinräumigen Gebiete in einer Kommune umverteilt.
Abb.: Ablaufschema der Bevölkerungsprognose
IV. Ratengenerierung
Zur Ableitung von Ausgangsraten für die einzelnen Komponenten werden für jede soziodemographische Gruppe (Kombinationen aus Männern/Frauen und Deutschen/Nicht-Deutschen) ausgehend von der niedrigsten administrativen Gebietsebene Aussageeinheiten gebildet. Die Bildung erfolgt über ein mehrstufiges Clusterverfahren: In einem ersten Schritt werden zunächst benachbarte und darauf basierend demographisch ähnliche Gebiete so lange aggregiert, bis mindestens 3000 Bestandspersonen der jeweiligen Gruppe in diesen Gebieten vorhanden sind. In einem weiteren Schritt erfolgt eine hierarchische Clusterung der aggregierten Gebiete, um strukturell ähnliche Gebiete hinsichtlich der Bevölkerungsbewegungen zusammenzufassen, bis eine Mindestfallzahl von je 8000 Personen erreicht ist. Diese Zuordnung von kleinräumigen Gebieten zu Clustern bildet die Basis für die weitere Ratengenerierung.
V. Annahmen zur Geburtenentwicklung
Es wird in der mittleren Variante angenommen, dass die zusammengefasste Geburtenziffer aus dem letzten Jahr des Stützzeitraums während des Prognose-Zeitraums innerhalb der aggregierten Gebiete konstant bleibt. Die altersspezifischen Fertilitätsraten ergeben sich aus dem durchschnittlichen Verhältnis zwischen der Anzahl der Geburten und der Anzahl an Frauen eines bestimmten Altersjahres innerhalb des Stützzeitraums je ermittelten Clusters. Es werden Fertilitätsraten für Frauen zwischen 15 und 49 Jahren berücksichtigt.
VI. Annahmen zur Lebenserwartung
Zur Vorausberechnung der zukünftigen Sterbefälle werden überregionale Sterbetafeln verwendet, um alters- und geschlechtsspezifische Mortalitätsraten zu ermitteln. Die Projektion der Mortalitätsraten orientiert sich an bundesweiten Annahmen zur Entwicklung der Lebenserwartungen von Männern und Frauen, welche in den nächsten Jahrzehnten einen leichten Anstieg der Lebenserwartung in den höheren Altersjahrgängen ausweisen.
VI. Annahmen zu Wanderungen
Es werden getrennte Zuzugs- und Fortzugsraten für die Wanderungen zwischen den Kommunen und dem übrigen Bundesland einerseits sowie dem Ausland andererseits gebildet.
Die altersspezifischen relativen Fortzugsraten in den kleinräumigen Gebieten ergeben sich aus den durchschnittlichen Fortzugsraten aus dem Stützzeitraum innerhalb des jeweiligen Clusters. Diese werden um die Gesamtfortzugsquote innerhalb des aggregierten Gebiets korrigiert. Es wird in der mittleren Variante keine Änderung der Fortzugsraten während der Fortschreibung angenommen.
Bei der Ermittlung des Außenzuzugsvolumens in eine Region wird nach Zuzügen aus dem Ausland und dem restlichen Bundesgebiet differenziert. Die Fortschreibung der absoluten Anzahl an Außenzuzügen orientiert sich standardmäßig an den regionalen Wanderungsbewegungen aus dem Stützzeitraum sowie an den bundesweiten Annahmen zu den Wanderungstrends, wie sie in den koordinierten Bevölkerungsvorausberechnungen des Bundes getroffen werden. Die demographische Struktur der Außenzuzüge ergibt sich dabei aus den durchschnittlichen Zuzugsquoten aus dem Stützzeitraum.
Da die Fortschreibung der zukünftigen Wanderungsverläufe der mit Abstand unsicherste Parameter bei einer Bevölkerungsprognose ist, bietet WEBWiKo darüber hinaus dem Nutzer die Möglichkeit, eigene Annahmen auf Ebene der kleinräumigen Gebiete zur Entwicklung der Wanderungen zu treffen, um die Güte der Prognose durch lokales Fachwissen zu erhöhen und interkommunale Interdependenzen sichtbar zu machen.
Kontakt
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Projektmanagerin
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